lyrik

Paraphrasieren – oder – Über die Unabwendbarkeit der Worte

Worte – wir holen sie meist arglos aus unseren Tiefen hervor, meinen aus dem zu schöpfen, was wir haben. Was wir sind. Was wir geworden sind auf unseren Streifzügen durchs Dickicht des Lebens. Wir, die Wortpiraten. Manche davon sind hart erkämpft. Andere lernten wir lieben und wieder andere schlichen sich einfach in unsere Seelenwände ein. Sie geben uns Sicherheit auf dieser lang erprobten Reise.

Ist der Himmel, in den sie geflüstert werden, immer noch derselbe? Oder sind es nur Worte, die hinweggetragen werden, mit wieder anderen Worten? Überschreiben wir unsere Geschichte mit denselben Worten? Brauchen wir neue?

Oder hat jedes Wort, zweimal gesprochen, doch seinen ureigenen Klang, diese eine fragile Nuance, die alles in einem anderen Licht scheinen lässt. Ändert sich der Farbton, wenn wir in neue Augen sehen? Ist das neue Kontextkleid, das wir uns anziehen können (immerhin!), die Lösung? Die feinen Schattierungen, eine neu gefundene Wahrheit, die Bandbreite des Gefühlten. Oder verändern sich auch die Veräußerungen in diesem veränderlichen Abenteuer, das man Leben nennt? Immer bleibt es eine Gratwanderung.

Herausgegebene Lyrikbände:

ERKLÄR MIR NICHT MEINE TRAURIGKEIT
Lyrik und Kunst

2024 / 104 Seiten – Lyrik und Aquarelle
mit einem Vorwort des Schriftstellers Erik R. Andara

Der aktuelle Lyrikband spricht in 5 thematischen Kapiteln von Traurigkeit in all ihren düsteren und schillernden Facetten. Traurigkeit als zarte Heldenreise. Traurigkeit als Teil unserer Ganzheit, unseres Daseins. Malerisch begleitet werden die Texte von 15 Aquarellen.

Man kann sich in diesen Worten wiederfinden, diesem Gefühl Raum und Platz geben dürfen. Und möge es auch eine Hilfe sein, das Gefühl der Traurigkeit leichter annehmen zu können, zu verstehen und es dadurch auch loslassen zu können….

Die Zuversicht kommt nicht zu kurz, denn am Ende jeder Traurigkeit wartet ein Geschenk, ein Schatz, eine kostbare Erkenntnis.

Woher die Traurigkeit
im Mund

ich sehe doch
das Meer hinter
deinen Lidern

Hier zu erwerben

Auf Wunsch auch gerne mit persönlicher Signatur und 3 persönlich gestalteten Lesezeichen. Bei Interesse: kontakt@alexandra-friewald.at

ATEMWENDE – Das Merkwürdige ist die Welt. Das Merkwürdige sind wir
Gedankenfrakturen über das Leben und die Liebe
Lyrik und Kunst

2023 / 102 Seiten – Lyrik und Aquarelle
mit einem Vorwort des Schriftstellers/Psychologen Matthias Thiele

Die Texte entstanden zum Großteil in der Ausnahmesituation einer stillstehenden Welt, Lockdowns und Wenden. Vor einer solchen Wende geschehen meist verrückte schmerzhafte Dinge. Lockdowns im Außen und Lockdowns im Innen. Und der Atem als Lebenskraft dreht sich mit.
Der Lyrikband spricht aber auch von der Suche nach dem Unergründlichen, Zuversicht und letztlich einer Wende.

Hier zu erwerben

Auf Wunsch auch gerne mit persönlicher Signatur und 3 persönlich gestalteten Lesezeichen. Bei Interesse: kontakt@alexandra-friewald.at

STIMMEN 2023/2024:

Mala Mukherjee Suess
Alexandra Friewalds Buch „Erklär mir nicht meine Traurigkeit“ zeigt ein tiefes Verständnis für die Trauerarbeit und die feinen Nuancen der Traurigkeit als starke Grundemotion. Ihre Gedichte, in ihrer jeweils kurzen, eleganten und doch ausdrucksstarken Form ermöglichen uns Gefühle zu erfassen, die uns selbst soeben noch unbewusst waren.
Friewalds Worte verzaubern und trösten uns, wenn sie uns in eine Gedankenwelt der stillen Kontemplation führen, uns lichte Augenblicke und verworrene Situationen vor Augen führen, stets zu einer Melodie der stillen Melancholie und Serenität.
Die zauberhaften Gedichte in der sich unsere eigenen Empfindungen spiegeln, werden in diesem Buch von der atmosphärisch intensiven Kunst von Friewald selbst ergänzt, deren Motive thematisch variieren und doch in ihrer expressiven farbigen Form stringent sind. Ein Buch, das man immer wieder gerne vorholt, wenn einen die Traurigkeit wieder eingeholt hat oder man sein Herz öffnen möchte.

Hubert Schumacher
Hinter einem magischen Cover beginnt eine geheimnisvolle Lesereise … eine Reise durch einen Lyrikband, die weder leicht noch vergleichbar und niemals wiederholbar wäre. Alexandra Friewald lädt ein zu einer Privataudienz, einer sehr intimen Einsicht in die bizarrsten Landschaftsbilder einer sehr feinfühligen Seelenwelt. „Erklär mir nicht meine Traurigkeit“, sensibilisiert die Leser*innen für die Einzigartigkeit, eines jeden Leides, befreit jegliche Traurigkeiten aus staubigen Schubladen und bemächtig Sie mit einer wertvollen Daseinsberechtigung. Fans des schnellen Trostes werden sich in den Zeilen verirren und sich belehrt ein frühes Ende dieser Reise wünschen, aber Traurigkeit zeigt sich auch Ihnen als gnadenlos langer Weg…Abkürzungen, Fluchtwege werden nicht angeboten und führen auch nicht ans Ziel.
Eine mit feinsinniger Feder ins Pergament tätowierte Ehrlichkeit, es sind Wortschöpfungen, wie eine Kriegsberichterstattung und wir werden Zeugen von Unsagbarem…von heimlichen, heiligen und stummen Revolutionen, von verzweifelten Kämpfen und Ausnahmesituationen.
Fast fühlt es sich an als hätte manch Wort, manch Buchstabe es nicht zwischen die Zeilen geschafft, zu ungenügend, banal und dem Inhalt nicht würdig, herausgeschnitten in blutiger Zensur beschreibt das fehlende wohl treffender den Schmerz. … und während noch alles verloren scheint keimen aus dem namenlosen Holzkreuz der Schlacht frische Triebe und es fällt ein Sonnenstrahl auf das erste Blatt und manch Schmerz bleibt doch für immer… nur grün umrankt und unerklärlich.

Wolfgang Klein
berührend schön: erklär mir nicht meine traurigkeit / alexandra friewald
seitdem ich alexandra friewalds bilder und lyrik entdeckte bin ich fan
kaum ein tag an dem ich versäume nachzusehen was es neues von ihr zu entdecken gibt
was meinen tag bereichert
was direkt ins herz geht und mich mit licht und wärme erfüllt
wie schon davor in „atemwende“ schafft sie das in einer unaufgeregten weise
ihr tiefes fühlen ins alltägliche und vor allem schicksalhafte bringt sie mir/uns poetisch so ohne ablenkung und ohne irritationen ganz ganz nahe
da sind die feinen (manchmal sehr zerbrechlich erscheinenden) bilder die geschichten erzählen und einen sanften blick einfordern
und da sind die bildreichen genau so feinen texte die in mich einfließen mich staunen machen und die unter die haut gehen und sich wie balsam an meine herzwände legen
alexandra friewald schenkt uns ihre lyrik wie einen mantel den wir uns schützend umlegen können

Monika Krampl
Leichtflügelig stehen sie da die sparsam gesetzten Worte die doch so schwer wiegen in den Gedichten und Geschichten von Alexandra Friewald. „Erklären“ kann uns unsere Traurigkeit niemand – und sie muss auch nicht gleich wieder weg sein, denn ohne das Einlassen bis zum tiefsten Grund unserer Traurigkeit, gibt es am Ende auch keine wohltuende Leere – die uns zurück ins Licht führt. Von diesen Geschichten und vielfältigen Gefühlen handelt ihr Buch.
„Und am Ende einer solchen Reise wartet meist ein Geschenk, bevor der nächste Ruf erschallt …“ – schreibt sie.
„Leere wird neu geordnet. Zur Besinnung kommen“ – nennt sie das letzte Kapitel. Es ist ein Kleinod, das Alexandra Friewald in unsere Hände legt – ein wundersamer Schatz mit ihren zarten Bildern für die Augen und den leisen Worten die die Seele berühren.

Ferenc Komaromi
„Erklär mir nicht meine Traurigkeit“ – ein r e i f e s Werk, dessen Reife erst beginnt bevor es begonnen hat und dieser Beginn hat noch nicht begonnen.
WortBild und FarbBild sind wie oft/immer (!) bei Alexandra Friewald SeelenBilder, die auf geheimnisvolle Weise zu sich ziehen, den empfänglichen Leser sanft, fast zärtlich umfassen, ganz ohne tatsächliche Berührung…
Kein Zitat möchte ich hier herausgeben, weder in einer VorLiebe noch in einem besonderen „Gefallen“, denn als Gesamtkunstwerk braucht das Buch, wie alle vor diesem, kein Wort. Sie alle l e b e n aus sich heraus, finden dort Eingang, wo eine Tür offen steht.

Nathan Adler
Die Autorin beherrscht beides: Lyrik und Malerei. Beides geht eine Einheit ein. Die Gedichte beschreiben (oft, aber nicht nur) die Aspekte des Lebens, die mit Augen und Ohren nicht wahrnehmbar sind, was Menschen trennt und verbindet. Die Aquarelle scheinen einen Blick nach außen zu werfen, wenn auch mit den Augen der Autorin, daher auch dort die angedeuteten Brüche, Verwerfungen. Ein sehr schönes Buch für jene, die Lyrik und Kunst lieben.

Wolf K.
sehr schön gestaltetes buch mit tollen (gegenwarts)texten und schönen farbdrucken einger bilder der autorin/künstlerin – für lyrikfans (wie mich) eine absolute top-empfehlung!

 

Ein kleiner Leseproben-Auszug aus meinen lyrischen Texten der letzten Jahre:

Zwischenwelt

Unter den vielen
Versenkungen lernt
sie das Scheitern
lieben

und die purpurnen Linien
am Mundrand
der Kriegerin

Wir die wir
uns erfunden haben

unsere Herzen jagen
nach dem Weltgedächtnis

wir (warum) gehen uns
aber immer weiter nach

schieben skizzenartige
Fragen in den Äther
den Himmel das Meer

nähern uns an
dem Überleben

Verzögerungsmenschen sind Verlorene. Doch keine Verlierer. Sie flattern, Schmetterlinge im Licht der Zeiten. Ihre Welt scheint ewig. Sie sprechen von Frost und meinen die Sonne, hüten ihre Gaben wie ein Kleinod, das gemächlich durch ihre Adern zieht. Sie verschleppen und zaudern, schweifen ab, schieben hinaus, halten an. Sie sind saumselig. Und all dies sehr gewissenhaft. Es ist ihre Lust am Augenflattern zwischen zwei Augenblicken. Diese rote Linie, die sich ergibt und nie aufhört zu sein. Sie können sich in Zwischenräume verkriechen. Wenn man sie lässt. Verloren, ja. Immer mit einem Stück Himmel im Herzen. Der noch kommt. Sicher.

Ein bisschen Macchia
weht in die
Stadt herein

und Mauern schlucken
rosa Luft
in dieser Zeit
aus Fragen
und Kreisen

wir tauschen die
Sinne weil
Tage nicht nur Tage sind

Bei manchen Menschen liegt die Poesie am Grund ihrer Seele. Sie wissen nichts von ihrem Reichtum und dem, was sie fast leichtfertig nach außen werfen. Rahmen selbst Dunkles ein in etwas Warmes. Ihr Sinn für Tiefe zieht sich durch Haut und Knochen, auch in die unliebsamen Winkel dieser Welt. Freie Schöpfer sind sie – und ahnen doch nicht, wie sehr sie leuchten. Es gibt keine schwarzen Ränder. Sie sind Verdichtete, poetische Naturtalente, manchmal auch Verlorene, aber immer mit einer eigensinnigen Feinheit behaftet – die diese Welt so dringend braucht.

Dein Mund als
Zierleiste der Hoffnung

geschwungen um ein
Gerüst
voller Chaos

ich spreche von dir und
mir wir
verblühen im
Halbmond

Heute las ich von einer Purpurstadt und
konnte doch nur an stille
Revolution denken
an zerkratzte Flügel und
rotgekachelte Erinnerungen

an ein Meer
ein Echo am Ufer
ein Sandspiel

wo beseelte Augenränder
unverwischbar am anderen
Ende liegen

Seit Tagen ist dein Auge
menschenleer eine
in Wasser getränkte Straße

ich nehm deine Hand und
du meine
Achillesferse

Wo sie gehen, ziehen sie Licht hinter sich her. Eine Drehung, ein Wirbel, Verschlingende. Die Risse der Welt lassen ihre Augen flattern und doch folgen sie mehr einer inneren Analogie. Wenn sie durch Wälder ziehen, suchen sie geradlinig eine Lichtung und stehen sie am Abgrund und ist es nur mehr ein Wimpernschlag – sie brauchen sich niemals zu drehen. Ihre Füße als heimliche Wächter. Selbst Schnee spiegelt weißes Licht auf ihre Netzhaut. Die Dunkelheit tragen sie gelegentlich wie eine Verkleidung – nur um nicht aufzufallen im Dickicht der Gefallenen. Ich frage dich nach Schmerz und der Nachtseite der Wahrheit. Du, mein Freund, hast sie längst gesehen. Und flatterst weiter zwischen all den Zerklüfteten.

Gestern ging ich
wieder mal einen Schritt
Richtung Meer und
im Rücken die Flut
meiner leeren Hände

Flügel können
brechen
– hast du das geahnt (?)

Ein Hineinsehen
und Fügen
das Ausgraben all der
Gesichter

poetisch inszeniert wäre
es leichter zu
ertragen

Lockdown

Wenn ich an Tagen wie diesen davor stehe, am Fluss der Dinge, unter staubgetränkten Dächern, mein Atem aufgestockt – trage ich Poesie vor mir her. Sie ist mir Schlupfwinkel und Freiraum, ein Kriegsschauplatz, eine Schlachtlinie der Zuversicht. Was könnte man erzählen zum Staub, der sich auf unsere Welt legt, was sagen zum Abräumen der Übersättigung. Zum Hinlegen unserer Hände. Eine Erde, die sich weiterdreht. Eine Welt, die sich schlafen legt, wenn nicht jetzt, wann dann. Können wir fragen nach dem was ist, was sein kann? Nach der Sache mit dem Alleinsein. Wenn das bisschen Licht sich über uns beugt mit seinem unerschrockenen Glanz. Vielleicht, vielleicht lernen wir sehen.

Lockdown II

Es sind mächtige Tage in
gedämpftem hin und her
sie stehen da in milchfarbigem
Schein gleich Platons
Höhle
sie wechseln sich
ab wie Türen

entlang ausgestreckten Fluren
ich wollte schon immer
dahin wollte schon immer
diese Dehnung und noch
mehr das Nichts 
nichts blitzt auf nichts tritt ein

meine Hand liegt vor mir
freigesprochen
in Tagen wie diesen

Es ist ein Bild von Gewesenem
das beim Nachklingen aus
allen Wolken fällt
du: das Geräusch

ich: der Hall
in Wellen in Scherben
angelehnt an diesen Winter

Wenn Inuits trauern oder krank sind, bekommen sie einen neuen Namen, einen Todesseelennamen. Ihr bisheriger löst sich auf, verschwindet einfach in den weißen kalten Weiten. Sie wechseln ihre Seele aus im festen Glauben. Eine List, ein dämonischer Schachzug, um den ich sie fast beneide.

Legt sich demnächst eine dumpfe Dunkelheit über meinen Geist, wird der Faden, der uns verbindet, immer dünner – wäre es nicht ein genialer Lückenschluss? Ich würde Adlartok wählen, clear sky. Ein kühler, sauberer Todesseelenname. Vielleicht würden die Gedanken zerrinnen und das Herz wäre schuldenfrei, eine reingewaschene Himmelsleinwand. Weiße Lebendigkeit würde sich in mir ausbreiten. Und auf jedem Augenlid ein Stück blauer Himmel.

Ich werde die Drähte aus den
Augen nehmen und den
Himmel damit dehnen

ich werde die ausgestreuten
Wolken haltbar machen und
das Liegengebliebene
zerpflücken bis nur noch
Hände bleiben

Wind und Hände
(vielleicht)